VATER DAS MUSS ANDERS SEIN
Text für drei Stimmen
Uraufführung: Poetisches Theater im SpielWerk, Zehlendorf 1991
Mit Uta Hallant, Viola Morlinghaus, Friedhelm Ptok
Aufführungen:
Galerie am Abend, Kulturamt Weissensee, Berlin, Brotfabrik, 1992
Personen:
Erzähler, Erzählerin, Maleen
Textprobe:
ERZÄHLER: Der Kopf und Maleen verschwinden in den feuchten Tälern Neu-Guineas, klettern entwaldete Hänge hoch, lassen sich mit den Papuas ein, für ein paar Stunden sträubt sich ihnen das Fell.
MALEEN: Dieses Barfußlaufen, dieses schreiende Schwein, diese eitrigen Wunden, diese ungeputzten Zähne, dieses Mahl aus Maden und Engerlingen, dieser Kopfgrind, diese schwarzen Fingernägel, diese blutig zerschossene Echse!
ERZÄHLER: Doch dann die Gesänge!
MALEEN: Ein Einzelner holt seine Stimme von oben nach unten. Gebirgsbach. Unten warten die andern, um einzumünden mit festlichen Quarten und leicht queren Tonunterschieden, zu bejauchzen die Vereinigung! Die Freude beginnt zu echoen, zu vibrieren. Sie macht die Stimmen schäppern.
ERZÄHLER: Die Strophe wiederholt sich,
MALEEN: Mein Kopf und ich fühlen, wie Heimat entsteht!
ERZÄHLER: Die zunehmende Vertrautheit macht euch sicher.
MALEEN: Schon spannen wir auf den Moment, wenn oben das Tonwasser seinen Lauf nimmt, schon lassen wir uns mit den andern einmünden im Pool, wo wir uns versammeln auf dem einen Ton, von dem wir wissen, genau er wird es sein, und er wird genau hier und nirgendwo anders eintreffen … wir warten …
ERZÄHLER: Und dann!
MALEEN: Singen wir gurgelnd die Überraschung hoch, singen ihn, diesen einen Ton in einem Teich von Mehrklang auseinander, bis uns der Atem ausgeht, bis letzter Übermut hellen Zuklang auf ein Mundholz setzt … den weit hinaus schwirren lässt.
ERZÄHLER: Dass es papuaguineisch war, merktet ihr nicht.