DAS VOLLEYBALLSPIEL
Ein autobiografisches Theaterspiel
By Maan, Berlin, 1976
Vertrieb: Maulwurf Buchvertrieb, Berlin
Personen:
Jorind
Mutter Bohne, Vater Bohne u. a.
Herr Sillkat, Intendant
Pjotr, Regisseur
Timpetee, Bühnenbildner u. a.
Inhalt:
Die Schauspieler stehen auf einem Spielfeld, werfen sich die Bälle zu, wechseln zwischen Ball- und Schauspielszenen.
Textprobe:
SILLKAT: Na, Pjotr, planst du meine Entthronisierung?
PJOTR: Persönlich will ich dir nichts! Deine Kompetenzen sollten neu definiert werden!
SILLKAT: Sieh an, sieh an! Du willst mir einen Teil der schrecklichen Bürde der Alleinverantwortlichkeit abnehmen.
PJOTR: Wie sieht die denn aus? Du und Ihresgleichen hockt doch in Undurchsichtigkeiten wie Frösche in trüben Tümpeln!
SILLKAT: Willst du, dass jeder Popanz, jeder kleinste Kleindarsteller Einsicht in künstlerische, organisatorische und finanzielle Belange erhält?
PJOTR: Ich fordere bessere Informationspolitik!
SILLKAT: Dein ganzer Bewusstseinsrummel wird dein Theater bewusst machen bis zur Leblosigkeit!
PJOTR: Und dein Theater wird dumm werden bis zur Bewusstlosigkeit!
SILLKAT: Thesen, nichts als Thesen. Gehst du lieber mit einer dummen schönen Frau ins Bett oder mit einer unattraktiven Intellektuellen? Theater ist Erotik, ist Vitalität! Wo die nicht sind, ist es furztrocken wie ein Germanistenseminar.
PJOTR: Teamarbeit ist vital, Hochspannung im Verstand ist vital!
SILLKAT: Du existierst mit deinen marktschreierischen Thesen doch überhaupt nur durch den Widerstand, den ich dir abfordere. Du brauchst mich, um deine Schmalbrüstigkeit zu maskieren!
PJOTR: Wird sich noch zeigen, wer von uns die schmalere Brust hat!
JORIND: Da ist etwas kalt geworden in mir, da bricht etwas auseinander. Da sind Ich und Ich. Soll die Eine doch rumstolpern und ihre hysterischen Lehrerinnen und neurotischen Jungfrauen spielen. Die Andere bleibt hier, atmet Nebel und Feuer und Rausch. Dann und wann ein Kuss, vor allem aber: bei der Sache bleiben! Vorn, ganz vorn! Wie diese kleine warme Zunge im Gletschermund, die sich etwas Wärme reinholt. Ab jetzt will ich nur mir selbst gehören! Kalt, höhlig und frei von Umwelt! (sie schreit) Weil sie mir nicht schmeckt!
ORPHEUS
Meine Sehnsucht ist größer als meine Liebe
THEATER THIKWA, 1992
Inszenierung: Margot Gödrös
Szenarium und Texte: Gisela Zies
Premiere: Maxim Gorki Theater, 1992, Aufführungen in den Akademie der Künste, Club Gérard Philipe, Kunsthaus Tacheles, Berlin
Personen:
Amme, Kalliope, Eurydike, Tantala, Hippe, Lydia, Lichterloh, Orpheus, Tempo, Peng, Hypnos.
Inhalt:
Das Ensemble des Theaters THIKWA findet, erfindet das Stück anhand eines Szenariums und kurzer Sprechtexte. Die Schauspieler sind begeistert, jeder will einen Namen, jeder eine Textprobe haben. Der Hauptdarsteller kennt sich in der Berliner Untergrundbahn so gut aus wie Orpheus in der Unterwelt. Seine Freunde machen sich auf den Weg, ihn von dort zurückzuholen.
Pressestimme:
Die schüchterne, behinderte Zartheit der Liebe zwischen Orpheus und Eurydike (im Rollstuhl) ist von großem Reiz, fern von gewollter Kunstwirkung.
Textprobe:
KALLIOPE: Helft mir, ihn zu verjagen.
CHOR: Wir helfen dir! (zu Orpheus) Geh!
ORPHEUS: Ich kann nicht!
CHOR: Du musst!
ORPHEUS: Ich kann nicht!
CHOR: Du musst!
KALLIOPE: Ich bin ich, und du bist du!
EURYDIKE: Seine Sehnsucht ist größer als seine Liebe!
ORPHEUS: Ich werde die Wahrheit zum Klingen bringen!
ECHO: Die Menschen werden dein Lied nicht singen!
ORPHEUS: Ich werde von Zerstörung erzählen!
ECHO: Die Menschen werden dich nicht wählen!
ORPHEUS: Ich werde meinen Namen nennen!
ECHO: Die Menschen werden dich nicht kennen!
EURYDIKE: Gib ihnen nicht die Worte, die sie hören wollen!
KALLIOPE: Geh und gib ihnen dein Lied!
WINTERSPORN
Ein Märchen
Ort: ein Flecken im Harz
Zeit: Mitte der Siebziger
Personen:
Grete Riebesch, Klavierlehrerin
Gollja Riebesch, ihr Adoptivsohn
Bolle und Anna Steckel, Hausbesitzer
Vanessa, ihre Tochter
Hanns Steckel, Großvater
Agnes v. Ballenstedt, Hexe
Laut und Leise, Bühnenarbeiter
Inhalt:
Das Haus über einer Talsperre, in dem das Ehepaar Steckel mit ihrer Tochter Vanessa und die Klavierlehrerin Grete mit ihrem Adoptivsohn Gollja wohnen, soll verkauft werden. Steckels ziehen nach Berlin, wollen den Großvater aber nicht mitnehmen. Das Liebespaar Gollja und Vanessa werden gezwungen, Abschied von einander zu nehmen. In der Nacht vor dem Umzug gesteht Gollja, dass seine Adoptivmutter von Jahr zu Jahr jünger werde, er aber immer älter. Vanessa und Gollja gehen zum See, steigen unter die Eisdecke. Auf einer Waldwiese begegnen sie der Hexe Agnes, die ihnen eine Goldkette schenkt. Jahre später ist Grete eine junge Frau, Gollja ein alter Mann, der sich in sie verliebt hat. Doch dann fährt Gollja nach Berlin, um Vanessa zu besuchen. Erst, als sich die beiden erneut in einander verlieben, kommt die Zeit wieder ins Lot. Gretel ist wieder eine alte Frau, Gollja wieder ein junger Mann.
Textprobe:
(Bühnenarbeiter tragen einen alten Herd aus dem Haus.)
ANNA: Der kommt nicht mit! Stellen Sie den in die Garage!
BOLLE: Wann können wir los?
LAUT: Wir halten uns an unseren Plan!
LEISE: Wir werden pünktlich fertig!
LAUT: Wie versprochen!
BOLLE: Dann also bis morgen früh! (ANNA und BOLLE ab)
LAUT: Wenn dieses Scheißtheater Geld hätte, würden hier richtige Schauspieler rumlaufen, die auch richtige Arbeiter spielen können, nicht solche Trampel wie wir!
LEISE: Was willste denn? Iss doch prima! Wir beiden endlich mal im Rampenlicht!