Gisela Zies

Hörfunk


Illustration zum Hörspiel Es war einmal von Gisela Zies, Berlin

ES WAR EINMAL
EINE EINSAME FRAU IN EINEM GROSSEN WALD

Die Geschichte der Dian Fossey

Produktion: SFB, 1989
Redaktion: Dr. Marlis Gerhardt
Regie: Uwe Scharek
Mit: Susanne Barth, Ute Fuchs, Michaela Grohm, Karin Schroeder, Claus Boysen, Felix v. Manteuffel, Volker Spahr

Inhalt:

Dian Fossey (1932-1985) war eine leidenschaftliche Frau, eine Wissenschaftlerin im Spannungsfeld der widersprüchlichsten Anforderungen, die sie selbst, ihre Förderer, ihre Feinde, ihre Berufskollegen an sie stellten. Alles, was sie tat und dachte, war von der Bereitschaft geprägt, zu lieben, wenn möglich, aber auch zu hassen, wenn nötig. Ihr Lebenslauf war ein ständiger Wechsel von nüchtern kalkulierten, lyrischen und hochdramatischen Momenten. Sogar ihr gewaltsamer Tod wird so zu einem verstehbaren Teil ihres Lebens. Falls die Berggorillas im Herzen Afrikas auch in Zukunft überleben, wäre das auch ihr Verdienst.

Textprobe:

BIOGRAF: 1985 fährt Dian ein letztes Mal nach Amerika. Sie unterschreibt einen Vertrag für die Verfilmung ihres Buches GORILLAS IM NEBEL.
DIAN: Zurück in Karisoke ging es mir sehr schlecht. Ich hatte Herzbeschwerden und Schmerzen in der Hüfte.
BIOGRAF: Im Dezember bekommt Dian ein Sondervisum.
DIAN: Ich war vergnügt wie ein junger Hund und ganz und gar die alte Fossey. Ich schmückte die Tür meiner Hütte mit einem Weihnachtsmann aus rotem Filz und tanzte, dass der Staub nur so wirbelte und die Würmer aus den Balken kamen! Dann aber, in der Nacht vom 26. zum 27. Dezember, traf mich der entscheidende Schlag! Von dem ich mich nie mehr erholte! Ein Pangamesser zerschnitt mir das Gesicht und spaltete meine Schädel!
BIOGRAF: Man weiß bis heute nicht, wer der Mörder war.
DIAN: Ich kenne ihn. Ich habe ihn gesehen! (sie kichert)
BIOGRAF: Du hast das Geheimnis mit ins Grab genommen.
DIAN: Ins Grab? Erst einmal ins Kühlhaus von Kigali, wo die Firma Coca-Cola ihr Eis lagert!
BIOGRAF: Sag uns, wer es war!
DIAN: Nein! Ich will überleben! Nichts ist besser fürs Überleben, als ein Geheimnis!
AFRIKANER: Hapo zamani palikuwa na. Es war einmal /
AFRIKANERIN: / eine einsame Frau in einem großen Wald.

 

Illustration zum Hörspiel Hanns Ovens Tochter von Gisela Zies, Berlin

HANNS OVENS TOCHTER oder
AUS EINER ZEIT, IN DER ES NICHT FEIN, DASS EINE FRAU EIN SKRIBENT WOLLTE SEIN

Produktion: SFB und NDR, 1991
Redaktion: Barbara Entrup
Regie: Charlotte Niemann
Mit: Eva Brumbi, Ruth Bunkenburg, Malen Diekhoff, Maren Krollmann,
Friedrich W. Bauschulter, Lutz Herpenrath, Peter Kempfe, Friedhelm Ptok,
Klaus D. Stenzel, Heino Stichweh, Jürgen Thormann

Inhalt:

Anna Oven (1584-1655) kam auf dem elterlichen Hof in Koldenbüttel in Holstein zur Welt. Mit fünfzehn wurde sie verheiratet, gebar neun Kinder, war mit achtunddreißig Witwe und emigrierte als alte Frau nach Schweden. Ihr Buch Geistliche und weltliche Poemata mit Briefen, Liedern und dramatischen Satire-Szenen gegen die starre Haltung der lutherischen Obrigkeit erschien 1650 bei Elzevier in Amsterdam, dem größten Verleger der damaligen Zeit. Es wurde vielerorts als ketzerisch verboten und verbrannt.

Textprobe:

SPRECHERIN: Liebe Anna. Neulich war ich in der Berliner Staatsbibliothek und hielt dein Originalbuch in Händen. Ein kleines, in hellem Schweinsleder gebundenes Buch, schmaler als ein Reclam-Heft, doch von vielfacher Dicke, mit zwei feinen Lederriegeln, auf denen metallene Ösen befestigt sind. Ihnen gegenüber zwei Metallstifte. Das Titelkupfer illustriert deinen Versdialog GESPRÄCH EINES KINDES MIT SEINER MUTTER. Es war ein schönes Gefühl, deine Texte so konzentriert vor mir zu haben. Am meisten Spaß hat mir dein Plattdütsch gemacht, nach über dreihundert Jahren so lebendig wie heute. Ich durfte das Buch nur im Handschriftensaal lesen, ein paar Mal habe ich laut gelacht und jedes Mal die Leser an den Nachbartischen aufgeschreckt. Na? Hörst du das gern, Anna?

 

Illustration zum Hörspiel Héloise und Hildegard von Gisela Zies, Berlin

HÉLOISE UND HILDEGARD oder KOPF AN KOPF

Eine imaginäre Begegnung

Produktion: WDR, 1989
Redaktion: Gisela Corves
Regie: Klaus-Dieter Pittrich
Mit: Rosemarie Fendel, Elisabeth Trissenar, Gunter Schoß, Andreas Pietschmann

Text in: Zwischen Fuß und Tag, Biografisches Theater, edition Smidt, 2005

Personen:

Hildegard von Bingen (1098-1179), Äbtissin und Mystikerin, Héloïse (1095-1164), Mutter eines Sohnes, Äbtissin, gelehrte Ehefrau des Philosophen Abélard (1079-1142), den Héloïses Onkel kastrierte, als er von der Liebe zwischen Nichte und Hauslehrer erfuhr.

Textprobe:

ELISA: Unsere Kleider duften nach ausgeweideten Tieren. Unter ihnen sind wir nackt. Unsere Nacktheit wohnt in ihnen wie in rauchgeschwärzten Höhlen, wir bekriechen einander, so wie immer, wenn wir über den Büchern sitzen. Sein linker Arm sucht den Durchbruch, findet meine Brüste. Wir reden: universalia in res und philosophieren, bis uns der Verstand ausgeht, wir unsere Kleider, brautfaltig, über den Tisch werfen und uns in einander schwemmen.
HILDE: Ich roch als Kind gern das Brot, das wir backten, die Milch, die wir säuerten, das Bier, das wir brauten, den Mist, den Urin, den Trockenfisch, die Weinfässer im Keller und auf dem Boden die Gewürzsäcke aus dem Morgenland.
ELISA: So süße Schärfe, die aufsteigt aus der Tiefe, süß und scharf, scharf und süß. Ein ruhiges Meer der Lust.
HILDE: Der Sturm der Lust aus dem Mark des Weibes fällt in die Gebärmutter, die am Nabel hängt, wo sie einen offenen Raum hat, in dem sie sich weit ausbreiten kann. Aber wegen der Feuchtigkeit dort ist sie weniger stark, daher kann sich das Weib leichter der Lust enthalten.
ELISA: Ich lasse mein Blut über ihm zusammenschlagen wie die Wellen des Roten Meeres über den Verfolgern. Mein Samen empfängt seinen.
HILDE: Und dann?
ELISA: Dann ist es still.
HILDE: Ich liebe die Stille des Morgens, wenn er als Dunst über dem Gehöft liegt, langsam hochschwebt im Fiepen und Schwätzen der Kehlchen, dann höher und höher in den Pfiffen der Häher über dem bewaldeten Hügel und zuletzt himmelhoch im Gesang der Lerchen.
ELISA: O dulcissimé amator, der du so zärtlich liebst!

Textprobe:

HILDE: Zur Kastration braucht man ein Anhebemesser, ein gerades scharfes Messer, eine Schere, einen Heftfaden, eine Krummnadel, eine Tinktur und sechs Männer. Zwei halten oben fest, zwei unten, zwei schneiden. Den Phallus erst anheben, unter ihm in die Sackhaut schneiden, etwas ziehen ... und dann den Schnitt durch den Samenleiter! Die Arterie und das Venengeflecht abbinden, das Ganze vernähen, mit der Tinktur einreiben, zum Schluss fest einwickeln!
ELISA: Er ist fast verblutet!
HILDE: Er hat überlebt!
ELISA: Hélas! Mein geliebter Abélard!


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